top of page

7 Ergebnisse gefunden für „“

  • Wie öffentliche Investitionen gegen populistische Parteien helfen können

    Viele blicken aktuell mit Sorge auf die ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst diesen Jahres. Immer wieder geht es in politischen Diskussionen um die Frage, wie man dem wachsenden Populismus politisch begegnen kann. Eine interessante Teilantwort liefert das Kiel Institut für Weltwirtschaft. Robert Gold und Jakob Lehr zeigen in ihrer Analyse, wie EU-Regionalpolitik die Unterstützung populistischer Parteien verringert. Die Autoren haben in 27 EU-Staaten untersucht, inwiefern sich Investitionen aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds und dem Kohäsionsfonds auf die Zustimmung zu populistischen Parteien auswirken. Die betrachteten Regionen haben im Durchschnitt über sieben Jahre 1,4 Milliarden Euro Brüssel erhalten. Das entspricht durchschnittlich 530 Euro pro Einwohner. Das Ergebnis ist interessant. Demnach verringert EU-Regionalpolitik den Stimmenanteil rechtspopulistischer Parteien um 2-3 Prozentpunkte. Umgerechnet reduziert EU-Regionalförderung in Höhe von 200 Euro pro Kopf die Unterstützung für Rechtspopulisten um wenigstens einen Prozentpunkt. In Ostdeutschland befinden sich besonders große Gruppen von Menschen mit niedrigen Einkommen in ländlichen Regionen. Sie würden überdurchschnittlich von Klimaschutzinvestitionen in öffentliche Infrastrukturen profitieren. Die Ergebnisse des IfW legen nahe, dass das gleichzeitig auch zu einem Rückgang der Zustimmung zu populistischen Parteien führen könnte. Dieser Weg verspricht also nicht nur mehr soziale Gerechtigkeit, sondern auch größere politische Stabilität.

  • Auf dem Weg zu einem klimapolitischen Lagebild

    Bis 2045 müssen wir klimaneutral werden. Gut gemachte Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Das eine geht nur mit dem anderen. Der Klimawandel ist selbst eine große soziale Gefahr. Den klimaneutralen Umbau schaffen wir nur, wenn wir die Aufgabe sozial gerecht gestalten. ​ ZIEL DES PERSONAANSATZES Die Voraussetzung für eine soziale Klimapolitik ist ein klares Bild von den unterschiedlichen Lebensrealitäten im Land. Es braucht differenzierte Lösungen, um die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Herausforderungen zu adressieren. Dafür wurden 16 Personas auf Basis eines umfassenden Datensatzes der infas 360 entwickelt. Dieser Datensatz enthält relevante Informationen zu Einkommen, Alter, Energiebedarf oder dem Anteil von E-Autos zu allen Wohngebäuden in Deutschland. Bei dem verfolgten Persona-Ansatz wird ausgehend von diesen Daten das fiktive Profil einer Person detailliert ausgearbeitet. Sie steht somit beispielhaft für eine relevante Lebenslage. Weitere Informationen finden sich in unserer Personas-Präsentation: ​ Eine genauere methodische Erläuterung der durchgeführten Cluster-Analyse findet sich hier.

  • Welche Reformvorschläge für die Schuldenbremse gibt es?

    Ökonominnen und Ökonomen sind sich inzwischen ziemlich einig: die Schuldenbremse muss reformiert werden, damit Deutschland den vielfältigen Herausforderungen mit Blick auf Klimawandel, Verteidigungsfähigkeit und verschärfende wirtschaftliche Konkurrenz gerecht werden kann. Nachdem der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung seinen Reformvorschlag für die Schuldenbremse Anfang des Jahres präsentiert hat, nimmt die Diskussion immer mehr Fahrt auf. Auch CDU-Ministerpräsidenten wie Kai Wegner, Daniel Günther oder Boris Rhein haben sich inzwischen mit Blick auf die schwierige fiskalische Situation ihrer Bundesländer für eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen. Während also vieles auf eine Reform hindeutet, ist der konkrete Weg noch nicht klar. Es gibt eine Vielzahl von Vorschlägen für Anpassungen. Wir geben einen Überblick über den Stand der Debatte und die kursierenden Reformansätze: Eine Möglichkeit ist, zur Rechtslage vor Einführung der Schuldenbremse zurückzukehren. Die Goldene Regel in Artikel 115 des Grundgesetzes erlaubte bis zur Reform 2009 die Nettokreditaufnahme in Höhe der staatlichen Bruttoinvestitionen. Carsten Breuer argumentiert seinen Vorschlag hier. Eine andere Variante ist, die notwendigen Investitionen in die Klimatransformation und die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur durch ein im Grundgesetz verankertes Sondervermögen nach Vorbild der Regelung für die Bundeswehr abzusichern.  Der Vorschlag wird unter anderem von Jens Südekum in diesem Interview mit dem BDEW vorgestellt. Eine weitere Möglichkeit wäre die Anhebung der Verschuldungsgrenze sowie die Einführung von Übergangsfristen nach Notlagen. Beide Punkte enthält der Reformvorschlag des Sachverständigenrates. Schon länger wirbt das Dezernat Zukunft für eine Reform der Konjunkturkomponente. Wenn man durch andere Annahmen von einem höheren Konjunkturpotential ausgeht, erhöht das den Spielraum für Kreditaufnahme. Nachzulesen hier. Und schließlich könnte man auch die europäischen Schuldenregeln anwenden, die ohnehin bereits für Deutschland gelten, aber mehr Spielraum für Kreditaufnahme lassen. Hier sind die gerade neu verhandelten europäischen Schuldenregeln zusammengefasst. Die Gegenüberstellung zeigt, dass es nicht den einen idealen Weg für die Reform der Schuldenbremse gibt. Die unterschiedlichen Varianten haben Vor- und Nachteile. Freilich ist die Einigkeit in der ökonomischen Debatte über die Notwendigkeit einer Reform sehr groß. Die Entscheidung, welches Modell am Ende Realität wird, dürfte aber vor allem von politischen Fragen abhängen.

  • Wie schauen die Menschen aus sozialer Perspektive auf die Klimatransformation

    Anhand von zwei Studien von Friedrich-Ebert-Stiftung und Bertelsmann-Stiftung betrachten wir, wie Menschen auf die Gerechtigkeitsfragen in der Klimatransformation blicken und was die Ursachen dafür sein könnten. Der Ethik-Rat hat sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt. Wir fassen seine Schlüsse zusammen. FES und Bertelsmann-Stiftung haben Studien zur Akzeptanz von Klimaschutz vorgelegt. Die Ergebnisse passen gut zusammen. Die Zustimmung zu Klimaschutz ist grundsätzlich hoch. Laut Bertelsmann sind fast 90 Prozent der Menschen durch den Klimawandel besorgt. Laut FES sagen 71 Prozent der Befragten, dass die Klimaziele eingehalten werden müssen. Aber hinter dieser grundsätzlichen Unterstützung von Klimapolitik steht Skepsis. Die Befragten trauen der Politik einerseits eine geringe Problemlösungskompetenz zu. Anderseits wird die aktuelle Klimapolitik als sozial ungerecht wahrgenommen. So sagen laut FES 72 Prozent der Befragten, dass Wirtschaft und Industrie mehr für Klimaschutz tun sollten. In Bezug auf Bürgerinnen und Bürger mit hohen Einkommen sind 67 Prozent der Befragten dieser Meinung. Bei Bertelsmann sagt eine Mehrheit von knapp 54 Prozent der Befragten, dass die Umsetzung der Energiewende ungerecht erfolgt. Die größte Ungerechtigkeit wird hier zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen gesehen. Menschen mit höheren Einkommen sollen mehr beitragen. An zweiter Stelle sehen die Befragten eine ungerechte Verteilung zwischen Endverbrauchern und Unternehmen. Die Einschätzung ist nachvollziehbar. Schließlich haben Wohlhabende durch Investitionen in klimaneutrale Technologien mehr Chancen, sich selbst vor steigenden Preisen zu schützen. FES und Bertelsmann zeigen zusammen, dass Preisinstrumente im Policy-Mix unbeliebter als Ordnungsrecht und Förderung sind. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass viele Menschen die Sorge haben, ihr Leben nicht mehr bezahlen zu können. Außerdem kann durch Ordnungsrecht vermieden werden, dass Wohlhabendere sich von den Folgen der Klimapolitik "freikaufen" können. Bericht des Ethik-Rates zu Klimagerechtigkeit Passend dazu hat der Ethik-Rat im März 2024 einen Bericht zu Klimagerechtigkeit vorgelegt. Er unterscheidet darin drei Dimensionen von Gerechtigkeit: die innergesellschaftliche, die internationale und die intergenerationelle. Ausgehend davon wurde ein Gerechtigkeitskonzept entwickelt, das alle Dimensionen umfasst und zu politischen Handlungsempfehlungen führt. Laut dem Ethik-Rat gilt, müssen allen Menschen die gleichen Möglichkeiten zustehen, ein gutes, gelingendes Leben zu führen. Als Mindestvoraussetzung für ein solches Leben sind Schwellenwerte für wichtige Grundgüter bzw. Befähigungen zu bestimmen, wie etwa Gesundheit, Ernährung, Wasser, Sicherheit oder Mobilität. Alle Menschen müssen einen grundsätzlichen Zugang dazu haben. Klimaschutzmaßnahmen sollten so ausgerichtet werden, dass auch diejenigen, die am stärksten vom Klimawandel belastet sind, Zugang zu diesen Gütern und Befähigen haben. Daraus ergeben sich für den Ethik-Rat Konsequenzen für die drei genannten Dimensionen von Gerechtigkeit in der Klimapolitik. Innergesellschaftliche Dimension Innergesellschaftlich sind Schäden und Belastungen infolge des Klimawandels und seiner Bewältigung verschieden stark ausgeprägt. Sie treffen gerade Menschen mit geringen finanziellen Mitteln oft besonders hart. Das muss in den Blick genommen werden, um eine Verschärfung sozialer Verwerfungen und Konflikte entgegenzuwirken und Belastungen so zu verteilen, dass die Voraussetzungen eines guten, gelingenden Lebens für alle gewahrt bleiben. Deshalb ist bei Klimaschutzmaßnahmen insbesondere die Zumutbarkeit für Menschen mit weniger Anpassungsfähigkeit zu prüfen. Zur Sicherung des Zugang zu grundsätzlichen Gütern und Befähigungen sind zudem effektive Ausgleichs- und Unterstützungsmaßnahmen erforderlich. Internationale Dimension International müssen aus Sicht des Ethik-Rat die lange Vorgeschichte durch den Kolonialismus und die Industrialisierung genauso berücksichtigt werden wie fortwährende neokoloniale Abhängigkeiten. Beiträge zur Erderwärmung wie auch Klimaschäden und die Möglichkeiten, sich vor diesen zu schützen, sind geografisch ungleich verteilt. Daher muss zwischen nachholendem Wachstum in Ländern des Globalen Südens und weiterem Wachstum von Konsum und Ressourcenverbrauch in industrialisierten Ländern unterschieden und ein Transfer angemessener Ausgleichszahlungen verhandelt werden. Menschen in allen Ländern verdienen gleiche Chancen auf ein gutes, gelingendes Leben und müssen entsprechend Zugang zu grundsätzlichen Gütern haben. Auch hier sind zunächst diejenigen zu bevorzugen, die noch am weitesten davon entfernt sind. Intergenerationelle Dimension Intergenerationell werden junge und heute noch nicht geborene Menschen die Hauptlasten eines veränderten Weltklimas sowie der im Umgang damit erforderlichen Maßnahmen zu tragen haben. Darum gilt es aus Sicht des Ethik-Rat heute schon, alle notwendigen und zumutbaren Mittel zu ergreifen, um zu verhindern, dass zukünftige Generationen die Mindestvoraussetzungen eines guten, gelingenden Lebens nicht mehr erreichen können. Zugleich müssen alle in Erwägung gezogenen Lösungsansätze zukünftigen Generationen ausreichende Entscheidungs- und Handlungsspielräume lassen und dürfen ihnen keine unverhältnismäßigen dauerhaften Belastungen auferlegen. Empfehlungen des Ethik-Rates Ausgehend von dieser Analyse formuliert der Ethik-Rat 13 Empfehlungen. Wir stellen hier ausgewählt diejenigen da, die für die Arbeit des Sozial-Klimarat besonders relevant sind. Materielle und immaterielle Kosten für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sollten möglichst präzise bestimmt, transparent kommuniziert und sowohl innergesellschaftlich als auch international und intergenerationell gerecht und verantwortungsvoll verteilt werden. Klimaschutzmaßnahmen sollen in einem politischen Gesamtkonzept miteinander verzahnt werden. Bei jeder Entscheidung über technische Maßnahmen müssen mögliche, dabei zusätzlich verursachte neue Pfadabhängigkeiten zu Lasten künftiger Generationen bedacht werden. Die gerechte Verteilung der Verantwortung für diese und andere Klimaschutzmaßnahmen ist dabei vornehmlich eine staatliche Aufgabe. Der bislang weit verbreitete Fokus auf die individuelle Verantwortung von Einzelpersonen wird der Problemlage nicht gerecht. Individuelle Entscheidungsfreiheit wird immer auch mitbestimmt durch gemeinsames Handeln vieler und wesentlich von politischen Rahmenbedingungen geprägt. Deshalb sind klare gesetzliche Regelungen notwendig, um Individuen klimafreundliches Handeln zu erleichtern. Es ist unangemessen, wenn staatliche Akteure von Individuen emissionsärmeren Konsum erwarten, solange innerhalb der vom selben Staat gewollten und unterstützten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung die Voraussetzungen dafür zu einem guten Teil nicht erfüllt sind oder sogar konterkariert werden, sodass emissionsärmeres Handeln in vielen Feldern immer noch „moralisches Heldentum“ verlangt. Eine moralische Kritik an Entscheidungen im Bereich der privaten Lebensführung und des Konsums ist kein Ersatz für notwendige politische Maßnahmen. Der gesamte Bericht des Ethik-Rats ist hier nachzulesen.

  • Studie über Ausweitung des EU-Emissionshandels

    Swantje Fiedler, Florian Peiseler und Michael Maier vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und Johanna Cludius, Jakob Graichen, Katja Schumacher und Sienna Healy vom Oeko-Institut e.V. haben eine sehr hilfreiche Einordnung für die deutschen Umsetzungsfragen von ETS II geschrieben. Bei ETS II handelt es sich um die Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Gebäude und Verkehr. Das Wichtigste in Kürze: Absehbar werden wir mit der Einführung deutlich höhere CO2-Preise sehen. Das kann soziale Härten und politischen Widerstand zur Folge haben. Die Autorinnen und Autoren schlagen deshalb vor, den nationalen CO2-Preispfad schon jetzt anzuheben. Das verhindert einen plötzlichen Preisschock im Jahr 2027. Zusätzlich müssen aus ihrer Sicht bereits jetzt Maßnahmen für den sozialen Ausgleich umgesetzt werden. Aufgrund der absehbar stark steigenden CO2-Preise ergeben sich hohe Einnahmen aus dem Emissionshandel. Die müssen zur Vermeidung oder Kompensation der steigenden Kosten genutzt werden. Neben dem Ausbau klimaneutraler Infrastrukturen ist das auch durch ein Klimageld möglich. Dafür müssen aber noch rechtliche Rahmenbedingungen auf Ebene der EU geklärt werden. Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass es für die soziale Abfederung entscheidend ist, dass Maßnahmen ergriffen werden, die den CO2-Verbrauch in den unteren Einkommensgruppen senken. Daraus ergibt sich, dass das Klimageld alleine nicht ausreicht, um die sozialen Fragen zu beantworten. Dafür müssen Investitionen in klimafreundliche Technologien und Emissionsminder ermöglicht werden, die alle Menschen erreichen. Als Sozial-Klimarat bestätigt uns die Studie in unserer Arbeit. Wir brauchen bis zum Start von ETS II im Jahr 2027 einen Zwischensprint bei der Reduktion des CO2-Verbrauchs gerade für Menschen mit wenig Einkommen. Und wir müssen uns sofort um die sozialen Fragen kümmern Dafür gibt es eine Reihe von Maßnahmen: 1️. Der schnelle Ausbau von öffentlichen Wärmenetzen, die dann mit klimaneutraler Wärme betrieben werden können. 2️. Sozial gestaffelte energetische Fördermaßnahmen für Menschen mit wenig Geld, die Fenstertausch oder Dämmung ermöglichen. Hier ist auch die Kommunikation entscheidend. Die Informationen müssen auch die anvisierten Gruppen erreichen. 3️. Ein massiver Aufbau von Bus und Bahn in Verbindung mit einem Deutschlandticket, das günstiger wird. 4️. Social-Leasing-Modelle für E-Autos oder auch Wärmepumpen, damit sie unabhängig vom Einkommen für alle Menschen finanzierbar sind. 5️. Die Einführung eines sozial gestaffelten Klimageldes.

  • Einordnung der Debatte zum Klimageld

    Die Debatte zum Klimageld hat wieder Fahrt aufgenommen. Immer mehr Akteure aus dem politischen Raum positionieren sich dafür. Viele sehen im Klimageld einen wichtigen Weg, um die drängenden sozialen Fragen in der Klimatransformation zu beantworten. Im Januar haben sich mehr als ein Dutzend Verbände mit diesem Anliegen an den Finanzminister gewandt. Das Klimageld hat Stärken und Schwächen und wird auch im Sozial-Klimarat intensiv diskutiert. Im Folgenden versuchen wir eine Einordnung der Debatte: Was das Klimageld kann und was es nicht kann Das Klimageld soll höhere Kosten für Haushalte in Folge einer steigenden CO₂-Bepreisung ausgleichen. Die CO₂-Preise werden durch den europäischen Zertifikatshandel gesetzt.  Mit dem Klimageld sollen alle oder ein Teil der Einnahmen aus dem Zertifikatshandel an die Bürgerinnen und Bürger zurückvergütet werden. Abhängig von der CO₂-Intensität der eigenen Lebensweise können die steigenden CO₂-Preise dadurch teilweise oder ganz ausgeglichen werden. Diejenigen, die einen besonders klimafreundlichen Lebensstil führen, können sogar mehr Geld erhalten als sie für steigende Energiepreise ausgeben müssen. Als Auszahlungsmodelle werden ein Pauschalbetrag für alle Haushalte oder eine nach der Finanzkraft der Haushalte unterschiedliche soziale Staffelung diskutiert. Für eine Einordnung des Klimagelds sind zwei Aspekte von Bedeutung: Das Klimageld ist kein zusätzliches Einkommen. Das Klimageld stellt Haushalten zusätzliche Mittel zur Verfügung, damit sie sich die höheren Energiekosten, die sich aus steigenden CO₂-Preisen ergeben, leisten können. Unterm Strich ergibt sich dadurch für die allermeisten Haushalte erstmal keine finanzielle Besserstellung. Das Klimageld gleicht nur höhere Kosten aus. Das Klimageld ermöglicht Haushalten nicht klimaneutral zu werden. Das Klimageld reicht nur, um höhere Energiekosten abzufedern. Es reicht nicht, um damit Investitionen in ein neues E-Auto, Solarpanels, eine Wärmepumpe oder auch nur einen effizienteren Kühlschrank zu finanzieren. Diese Investitionen müssen weiterhin aus anderen Quellen geleistet werden. Das ist das Investitionsdilemma: Haushalte können den steigenden Kosten nicht ohne zusätzliche Unterstützung ausweichen und sollen in diesen Fällen durch das Klimageld kompensiert werden. Das Klimageld ist notwendig, um die zusätzlichen Belastungen durch steigende Co2-Preise für Haushalte, die nicht aus eigener Kraft klimaneutral werden können, auszugleichen. Es braucht aber gleichzeitig öffentliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr oder Wärmenetze, um allen Haushalten eine klimafreundliche Alternative zu bieten. Dazu braucht es Förderprogramme, damit Haushalte sich die Investitionen in klimafreundliche Technologien leisten können. Diese Investitionen müssen ebenfalls aus öffentlichen Haushalten finanziert werden und stehen damit bei knappen Kassen in Konkurrenz zum Klimageld. Im Kern geht es in der Debatte deshalb um die Frage, ob der Staat Haushalte für steigende Preise kompensieren soll oder Instrumente schafft, damit Haushalte den steigenden Preisen ausweichen können. Das Klimageld steht bei begrenzten Mitteln in Konkurrenz zur Förderung des Ausbaus von Infrastrukturen, die allen Menschen ermöglichen, ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Diese Konkurrenz ist mit einer sozialen Perspektive sehr problematisch. Beim Tagesspiegel hat Brigitte Knopf die aktuellen klimapolitischen Debatten prägnant eingeordnet und sich auch ausführlicher zum Klimageld geäußert. Sie warnt davor Klimageld und Investitionen in Infrastrukturen und Förderprogramme gegeneinander auszuspielen. Hier der Hörtipp. Tatsächlich sind die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung heute bereits zum größten Teil verplant und stehen für ein Klimageld nicht zur Verfügung. Sie fließen in den Klima- und Transformationsfond und finanzieren dadurch unterem anderem die Abschaffung der EEG-Umlage (die aus sozialer Perspektive sehr sinnvoll ist) und Fördermittel für Haushalte und Infrastrukturen. Finanzierung und Höhe des Klimageldes Die theoretische Höhe der jährlichen Auszahlung des Klimageldes pro Kopf hängt davon ab, ob die gesamten Einnahmen des nationalen Emissionshandels als Grundlage genommen werden oder nur die direkt von Haushalten erbrachten Einnahmen. Die MCC-Studie mit allen Ergebnissen im Volltext (MCC, PDF 542 kB). Verteilungswirkung des Klimageldes Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Klimageld eine progressive Verteilungswirkung aufweist. Wohlhabende Haushalte verbrauchen mehr CO₂ und zahlen durch steigende Preise mehr in den Ausgleichsmechanismus ein. Haushalte mit weniger Einkommen haben einen kleineren CO₂-Fußabdruck. Sie könnten sogar überkompensiert werden. Diese schematische Betrachtung ignoriert aber die unterschiedliche Anpassungsfähigkeit der Haushalte an steigende CO₂-Preise. Perspektivisch ist denkbar, dass die Belastung der CO₂-Bepreisung bei mittleren Einkommen am höchsten sein wird. Das liegt daran, dass die ganz wohlhabenden Haushalte über die finanziellen Mittel verfügen, um ihren CO₂-Verbrauch durch Investitionen in neue Technologien zu reduzieren. Die ärmeren Haushalte verbrauchen weniger CO₂ oder werden durch Sozialtransfers kompensiert. In der Folge wird durch das CO₂-Regime mit steigenden Preisen und Rückzahlungen im Form des Klimageldes vor allem die Mitte belastet. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Einkommensdezilen eher marginal. Die folgende Studie des DIW stellt diese Zusammenhänge anschaulich dar (DIW, PDF 2,37 MB). Pauschales oder sozial gestaffeltes Klimageld? Die Gefahr einer ungewollten negativen Verteilungswirkung eines pauschalen Klimageldes und die Notwendigkeit Haushaltsmittel parallel gezielt für Investitionen und Fördermittel einzusetzen, um das Investitionsdilemma der meisten Haushalte zu überwinden, spricht dafür, eine soziale Staffelung vorzunehmen und das Klimageld nicht für alle Haushalte, sondern nur für mittlere und geringe Einkommen auszuzahlen. Das wird manchmal „soziales Klimageld“ genannt. Eine neue Studie der Stiftung Umweltenergierecht weist darauf hin, dass eine pauschale Auszahlung auch im Widerspruch zur Emissionshandelsrichtlinie der EU stehen könnte und eine soziale Staffelung erforderlich sei: Die Studie der Stiftung Umwelt gerecht im Volltext (Stiftung Umwelt gerecht, PDF 1,31 MB) Kann das Klimageld mehr Akzeptanz für eine ambitionierte Klimapolitik schaffen? Eine neue Studie der FES (mehr dazu im Folgenden) zeigt, dass steigende Preise als Maßnahme zur Erreichung der Klimaziele unbeliebter sind als die Unterstützung klimafreundlichen Verhaltens oder das Verbot klimaschädlicher Handlungsweisen. Das Klimageld versucht also mit der CO₂-Bepreisung ein grundsätzlich eher unpopuläres Instrument der Klimapolitik populärer zu machen. Das kann gelingen. Es ist aber nicht von vorneherein sicher, dass sich dadurch die allgemeine Akzeptanz für Klimaschutz erhöhen lässt. In einer im Januar veröffentlichen Befragung des ifo-Instituts hat ein pauschales Klimageld unter verschiedenen Optionen der Verwendung der Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung die geringste Zustimmung erhalten. Populärer waren die Förderung von Investitionen, die Senkung der Einkommenssteuer, ein sozial gestaffeltes Klimageld sowie gezielte Zuschüsse für besonders betroffene Haushalte. Die ifo-Studie im Volltext (ifo, PDF 980 kB) Technische Umsetzung Die technische Umsetzung des Klimagelds ist derzeit noch nicht gegeben. Es gibt noch keinen direkten Weg auf dem ein pauschales oder sozial gestaffeltes Klimageld an alle Haushalte ausgezahlt werden könnte. Eine Umsetzung eines sozial gestaffelten Klimagelds erfordert zudem auch noch eine Unterscheidung nach der finanziellen Lage der Haushalte. Deshalb ist es erforderlich, dass die technischen Umsetzungsfragen möglichst schnell geklärt werden. Unabhängig von den Entscheidungen über Art und Höhe des Klimagelds. Fazit zur aktuellen Debatte über das Klimageld Aus unserer Sicht ist ein sozial gestaffeltes Klimageld notwendig, das die betroffenen Haushalte bei steigenden CO2-Preisen entsprechend entlastet und mit zusätzlichen Investitionen und Fördermitteln kombiniert wird. Die technischen Umsetzungsfragen müssen dringend gelöst werden.

  • Auftakt des Sozial-Klimarat: So organisieren wir Klimaschutz, den sich alle leisten können

    Am 14. November 2023 fand im „Amplifier“ im Amperium am Humboldthain in Berlin die erste öffentliche Veranstaltung des Sozial-Klimarats statt.

bottom of page