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Einordnung der Debatte zum Klimageld



Die Debatte zum Klimageld hat wieder Fahrt aufgenommen. Immer mehr Akteure aus dem politischen Raum positionieren sich dafür. Viele sehen im Klimageld einen wichtigen Weg, um die drängenden sozialen Fragen in der Klimatransformation zu beantworten. Im Januar haben sich mehr als ein Dutzend Verbände mit diesem Anliegen an den Finanzminister gewandt.

 

Das Klimageld hat Stärken und Schwächen und wird auch im Sozial-Klimarat intensiv diskutiert. Im Folgenden versuchen wir eine Einordnung der Debatte:

 

Was das Klimageld kann und was es nicht kann

Das Klimageld soll höhere Kosten für Haushalte in Folge einer steigenden CO₂-Bepreisung ausgleichen. Die CO₂-Preise werden durch den europäischen Zertifikatshandel gesetzt.  Mit dem Klimageld sollen alle oder ein Teil der Einnahmen aus dem Zertifikatshandel an die Bürgerinnen und Bürger zurückvergütet werden. Abhängig von der CO₂-Intensität der eigenen Lebensweise können die steigenden CO₂-Preise dadurch teilweise oder ganz ausgeglichen werden. Diejenigen, die einen besonders klimafreundlichen Lebensstil führen, können sogar mehr Geld erhalten als sie für steigende Energiepreise ausgeben müssen.

Als Auszahlungsmodelle werden ein Pauschalbetrag für alle Haushalte oder eine nach der Finanzkraft der Haushalte unterschiedliche soziale Staffelung diskutiert.

 

Für eine Einordnung des Klimagelds sind zwei Aspekte von Bedeutung: Das Klimageld ist kein zusätzliches Einkommen. Das Klimageld stellt Haushalten zusätzliche Mittel zur Verfügung, damit sie sich die höheren Energiekosten, die sich aus steigenden CO₂-Preisen ergeben, leisten können. Unterm Strich ergibt sich dadurch für die allermeisten Haushalte erstmal keine finanzielle Besserstellung. Das Klimageld gleicht nur höhere Kosten aus.

 

Das Klimageld ermöglicht Haushalten nicht klimaneutral zu werden. Das Klimageld reicht nur, um höhere Energiekosten abzufedern. Es reicht nicht, um damit Investitionen in ein neues E-Auto, Solarpanels, eine Wärmepumpe oder auch nur einen effizienteren Kühlschrank zu finanzieren. Diese Investitionen müssen weiterhin aus anderen Quellen geleistet werden. Das ist das Investitionsdilemma: Haushalte können den steigenden Kosten nicht ohne zusätzliche Unterstützung ausweichen und sollen in diesen Fällen durch das Klimageld kompensiert werden.

 

Das Klimageld ist notwendig, um die zusätzlichen Belastungen durch steigende Co2-Preise für Haushalte, die nicht aus eigener Kraft klimaneutral werden können, auszugleichen. Es braucht aber gleichzeitig öffentliche Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr oder Wärmenetze, um allen Haushalten eine klimafreundliche Alternative zu bieten. Dazu braucht es Förderprogramme, damit Haushalte sich die Investitionen in klimafreundliche Technologien leisten können.

 

Diese Investitionen müssen ebenfalls aus öffentlichen Haushalten finanziert werden und stehen damit bei knappen Kassen in Konkurrenz zum Klimageld. Im Kern geht es in der Debatte deshalb um die Frage, ob der Staat Haushalte für steigende Preise kompensieren soll oder Instrumente schafft, damit Haushalte den steigenden Preisen ausweichen können.

 

Das Klimageld steht bei begrenzten Mitteln in Konkurrenz zur Förderung des Ausbaus von Infrastrukturen, die allen Menschen ermöglichen, ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Diese Konkurrenz ist mit einer sozialen Perspektive sehr problematisch.

Beim Tagesspiegel hat Brigitte Knopf die aktuellen klimapolitischen Debatten prägnant eingeordnet und sich auch ausführlicher zum Klimageld geäußert. Sie warnt davor Klimageld und Investitionen in Infrastrukturen und Förderprogramme gegeneinander auszuspielen. Hier der Hörtipp

 

Tatsächlich sind die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung heute bereits zum größten Teil verplant und stehen für ein Klimageld nicht zur Verfügung. Sie fließen in den Klima- und Transformationsfond und finanzieren dadurch unterem anderem die Abschaffung der EEG-Umlage (die aus sozialer Perspektive sehr sinnvoll ist) und Fördermittel für Haushalte und Infrastrukturen.

 

Finanzierung und Höhe des Klimageldes

Die theoretische Höhe der jährlichen Auszahlung des Klimageldes pro Kopf hängt davon ab, ob die gesamten Einnahmen des nationalen Emissionshandels als Grundlage genommen werden oder nur die direkt von Haushalten erbrachten Einnahmen.

 


 

 


Verteilungswirkung des Klimageldes

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Klimageld eine progressive Verteilungswirkung aufweist. Wohlhabende Haushalte verbrauchen mehr CO₂ und zahlen durch steigende Preise mehr in den Ausgleichsmechanismus ein. Haushalte mit weniger Einkommen haben einen kleineren CO₂-Fußabdruck. Sie könnten sogar überkompensiert werden. Diese schematische Betrachtung ignoriert aber die unterschiedliche Anpassungsfähigkeit der Haushalte an steigende CO₂-Preise.

 

Perspektivisch ist denkbar, dass die Belastung der CO₂-Bepreisung bei mittleren Einkommen am höchsten sein wird. Das liegt daran, dass die ganz wohlhabenden Haushalte über die finanziellen Mittel verfügen, um ihren CO₂-Verbrauch durch Investitionen in neue Technologien zu reduzieren. Die ärmeren Haushalte verbrauchen weniger CO₂ oder werden durch Sozialtransfers kompensiert.

 

In der Folge wird durch das CO₂-Regime mit steigenden Preisen und Rückzahlungen im Form des Klimageldes vor allem die Mitte belastet. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Einkommensdezilen eher marginal. Die folgende Studie des DIW stellt diese Zusammenhänge anschaulich dar (DIW, PDF 2,37 MB).

 

Pauschales oder sozial gestaffeltes Klimageld?

Die Gefahr einer ungewollten negativen Verteilungswirkung eines pauschalen Klimageldes und die Notwendigkeit Haushaltsmittel parallel gezielt für Investitionen und Fördermittel einzusetzen, um das Investitionsdilemma der meisten Haushalte zu überwinden, spricht dafür, eine soziale Staffelung vorzunehmen und das Klimageld nicht für alle Haushalte, sondern nur für mittlere und geringe Einkommen auszuzahlen. Das wird manchmal „soziales Klimageld“ genannt.

Eine neue Studie der Stiftung Umweltenergierecht weist darauf hin, dass eine pauschale Auszahlung auch im Widerspruch zur Emissionshandelsrichtlinie der EU stehen könnte und eine soziale Staffelung erforderlich sei:

 

Kann das Klimageld mehr Akzeptanz für eine ambitionierte Klimapolitik schaffen?

Eine neue Studie der FES (mehr dazu im Folgenden) zeigt, dass steigende Preise als Maßnahme zur Erreichung der Klimaziele unbeliebter sind als die Unterstützung klimafreundlichen Verhaltens oder das Verbot klimaschädlicher Handlungsweisen. Das Klimageld versucht also mit der CO₂-Bepreisung ein grundsätzlich eher unpopuläres Instrument der Klimapolitik populärer zu machen.

Das kann gelingen. Es ist aber nicht von vorneherein sicher, dass sich dadurch die allgemeine Akzeptanz für Klimaschutz erhöhen lässt.

In einer im Januar veröffentlichen Befragung des ifo-Instituts hat ein pauschales Klimageld unter verschiedenen Optionen der Verwendung der Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung die geringste Zustimmung erhalten. Populärer waren die Förderung von Investitionen, die Senkung der Einkommenssteuer, ein sozial gestaffeltes Klimageld sowie gezielte Zuschüsse für besonders betroffene Haushalte.

 

Technische Umsetzung

Die technische Umsetzung des Klimagelds ist derzeit noch nicht gegeben. Es gibt noch keinen direkten Weg auf dem ein pauschales oder sozial gestaffeltes Klimageld an alle Haushalte ausgezahlt werden könnte. Eine Umsetzung eines sozial gestaffelten Klimagelds erfordert zudem auch noch eine Unterscheidung nach der finanziellen Lage der Haushalte. Deshalb ist es erforderlich, dass die technischen Umsetzungsfragen möglichst schnell geklärt werden. Unabhängig von den Entscheidungen über Art und Höhe des Klimagelds.

 

Fazit zur aktuellen Debatte über das Klimageld

Aus unserer Sicht ist ein sozial gestaffeltes Klimageld notwendig, das die betroffenen Haushalte bei steigenden CO2-Preisen entsprechend entlastet und mit zusätzlichen Investitionen und Fördermitteln kombiniert wird. Die technischen Umsetzungsfragen müssen dringend gelöst werden.

 

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